Zum ersten Mal habe ich, der Organisator dieser Reisen, keinen Mitreisenden gefunden. Das könnte wohl auch an der langen Vorlaufzeit gelegen haben, um preiswerte Bahnverbindungen und Übernachtungen in den gewünschten Hotels zu bekommen. Trotzdem möchte ich hier über meine Reise berichten.
Diese sechstägige Reise startete in Passau mit der Fahrt nach Stralsund, von wo aus ich zwei historische Schmalspurstrecken, den Rasenden Roland auf Rügen und dem Molli nähe Rostock, fuhr. Weiter ging es dann nach Hamburg ins Miniaturwunderland inklusive einer Führung hinter den Kulissen. Der letzte Tag der Reise war dem Nord-Ostsee in Schleswig-Holstein gewidmet, bevor es wieder zurück Richtung Passau ging.
Tag 1:
Die Reise startete am 19.6.2017 in Passau. Wegen Bauarbeiten auf der Strecke nach Nürnberg wurde die ursprünglich Abfahrt von 7.17 auf 6.41 Uhr vorverlegt. Das ergab dann eine längere Übergangszeit in Nürnberg. Weiter ging es in der letzten Saison auf der Altbaustrecke über Probstzella nach Leipzig und Berlin Hbf. Umfangreiche Bauarbeiten im Vorfeld des Leipziger Hbf führten zu einer spürbaren Verspätung in Berlin und ließen somit meine Pläne noch Fotos vom Hbf in Berlin zu machen in Luft auflösen. Der nächste Zug über Neustrelitz erreichte Stralsund einigermaßen pünktlich. Interessant ist der Hbf in Stralsund, der teils als Kopfbahnhof, teils als Durchgangsbahnhof (Richtung Rostock) konzipiert ist. Endlich angekomen in Stralsund bezog ich mein Hotelzimmer in der Umgebung des Bahnhofes. Das schöne Wetter ließ mich jedoch nicht zur Ruhe kommen und so erkundigte ich die Altstadt. Sie liegt umgeben von drei Teichen und der Ostsee eigentlich auf einer Insel und ist weitgehend ursprünglich geblieben. Entlang des Strelasunds, eines Meerarmes der Ostsee, befindet sich ein Fischmarkt, wo ich mir bei einem Griechen einen Süßwasserfisch schmecken ließ. Beim Gang durch die Altstadt fielen mir die vielen, für uns exotischen norddeutschen Kfz-Kennzeichen auf. Einige ließen sich durch raten noch zuordnen. Die meisten haben wohl kaum je österreichischen Boden gesehen.
Tag 2:
Am zweiten Tag stand der Besuch der Insel Rügen auf dem Programm, wo die Rügensche Bäderbahn (RüBB) die historische Schmalspurstrecke "Rasender Roland" betreibt. Die 24 km lange Strecke von Putbus über Binz nach Göhren wird auch heute noch mit den fast 100 Jahre alten Dampflokomotiven und Wägen betrieben. Mit der S-Bahn ging es zuerst von Stralsund nach Bergen auf Rügen, wo ich für eine Haltstelle nach Putbus in die Pressnitztalbahn umgesteigen musste. In Putbus war ich anfänglich etwas über die Länge des RüBB-Zuges erstaunt, der pünktlich abfuhr und sich über die Hügel der Insel Rügen bewegte. Im Bahnhof Binz LB wurde der Zug jedoch gestürmt. Die Dampflok hatte Mühe den Zug durch die Buchenwälder zur Haltstelle Jagdsschloß, dem höchsten Punkt der Strecke, zu bringen. Danach ging es stetig abwärts, teilweise auch durch Kiefernwälder zur Endstation Göhren. Der Bahnhof mit Lokschuppen, Behandlungsanlagen und einer Modelleisenbahnanlage, die aber nur einmal in der Woche abends geöffnet ist, liegt nur wenige Meter vom Ostseestrandbad entfernt. Ich beschloss einen späteren Zug zur Rückfahrt zu nehmen um den Strand etwas zu genießen.
Zurück ging es dann in einem offenen Wagen nach Putbus, wo sofort Anschluss nach Bergen bestand. Auch dort hatte ich schnell Anschluss mit der S-Bahn Richtung Binz/Saßnitz. Da ich mir zuerst Saßnitz anschauen wollte, musste ich in Lietzow am gleichen Bahnsteig in die Bahn nach Saßnitz umsteigen. Als ich dort den Bahnhof verließ, sah ich jedoch sofort, dass es dort nichts Besonderes zu sehen gab und stieg gleich wieder in den gleichen Zug zur Rückfahrt ein. Zurück in Lietzow ging es mit dem Zug nach Binz. Obwohl dieser Ort vor nicht all zu langer Zeit einmal in der DDR lag, sieht man heute gar nichts mehr davon. Alles ist mondän (schließlich ist der Ort auch alle 2 Stunden in der Saison Zielort von ICE und IC). In diesem Stundentakt der Bahn hatte ich Zeit, die Uferpromenade zu besuchen. Danach ging es zurück nach Stralsund mit Ankunft um ca. 20 Uhr. Dort habe ich im Hotel Abend gegessen. Wie letztes Jahr in Leipzig fiel mir auf, dass im Hotel im Osten Weißbier nur im 0,5 l Glas ausgeschenkt wird, Pils nur im 0,3 l Glas.
Tag 3:
Am dritten Tag ging die Fahrt weiter nach Hamburg mit einem Abstecher zum Molli - ja, die Bahn heißt der Molli. Die Fahrt ging zuerst bis nach Rostock. Auffallend ist im Norden, dass die Bahnstrecken oftmals beiseitig mit Büschen, Streuchern und Bäumen bewachsen und somit immer nur kurze Blicke auf die Landschaft möglich sind. In Rostock ging es nach kurzer Übergangszeit weiter nach Bad Doberan, wo am gleichen Bahnsteig auch schon der lange Zug des Molli bereitstand. Nachdem ich noch meine Fahrkarte gekauft habe, hatte die Dampflok den Zug bespannt. Wegen meines Reisegepäcks habe ich im Traglastenwagen Platz genommen und dann ging es auch schon los, zuerst über eine umfangreiche Straßenkreuzung mit eingeschaltetem Läutewerk und dann quer durch die Fußgängerzone im Stadtzentrum von Bad Doberan. Weiter vom Zentrum entfernt sind uns dann Autos begegnet oder haben uns überholt. Dann ging es neben Lindenalleen vorbei an Wiesen und Feldern, später entlang von Buchenwäldern oder durch den Bad Doberaner Stadtteil Heiligendamm mit dem bekannten Empfangsgebäude bis hin zur Endstation Kühlungsborn West. Einmal kommt die Strecke so nah ans Ufer der Ostsee, dass man diese vom Zug aus sehen konnte. An der Endstation war ich mit meinem Koffer in der Erkundung der Umgebung etwas behindert, ließ aber für die Rückfahrt einen Zug aus.
Von Bad Doberan ging es dann wieder zurück nach Rostock. Entlang der Strecke Rostock - Wismar habe ich an zwei Bahnhöfen eine interessante Form der Zugkreuzung beobachtet. Die Bahnsteige sind sehr lang und besitzen in der Mitte eine Weiche zur Umfahrung des Gegenzuges. Die Zügen halten jeweils am Ende des Bahnsteiges und der aus Wismar kommende Zug umfährt nach dem Fahrgastwechsel den Zug aus Rostock. Da ich sozusagen einen Zug zu früh in Rostock war, konnte ich dort am Hbf in Ruhe den Betrieb beobachten, der aber nicht besonders aufregend war. Danach ging es weiter nach Hamburg Hbf (mit Weiterfahrt nach Hannover) und von dort den letzten Abschnitt zu meinem Hotel nach Altona mit der S-Bahn Linie 3. Das dortige Intercityhotel grenzt direkt an den Bahnsteig 12 an, sodass ich beim Abendessen zuschauen konnte, wie zwei EN der ÖBB mit Motorrädern und Autos beladen wurden. Ich entschloss mich dann noch einen Abendspaziergang an der Elbe zu machen, erwischte aber die falsche S-Bahn Linie und kam erst mit einem etwas größeren Fußweg dort an. Mein Plan der Elbe entlang zu den Landungsbrücken zu spazieren wurde vereitelt, weil dieser Weg wegen Bauarbeiten gesperrt war. Bevor ich an der Station Baumwall in die U-Bahn Linie 3 einstieg, konnte ich noch einen Blick auf die Elbphilharmonie werfen.
Tag 4:
Der vierte Tag war nur dem Besuch des Miniatur Wunderlandes vorbehalten (mein 3. Besuch). Ich hatte mir ein Ticket mit dem Zeitfenster 10 - 11 Uhr reserviert. So konnte ich zuvor noch die ganz in der Nähe liegende Elbphilharmonie besuchen. Nach Besorgung des kostenlosen Eintrittstickets gings über zwei Rolltreppen auf die Aussichtsplattform in 37 m Höhe, von wo man einen schönen Rundblick über den Hafen und die Stadt hat. Im Miniatur Wunderland angekommen hatte ich noch genügend Zeit für einen Rundgang (Flughafen, Schweiz und Italien) bis zu meiner gebuchten Führung hinter den Kulisssen um 11.40 Uhr. Neuland war für mich Italien, aber ich habe mir alles nochmals angeschaut. Italien fand ich an manchen Stellen etwas mit Eisenbahn überfrachtet, etwas mehr Eisenbahnverkehr in Roma Termini hätte mir gefallen (der Führer meinte aber, dass im Original auch teilweise gähnende Leere herrscht). Außerdem sei der Betrieb mit italiensichen Material am Anfang sehr chaotsich gewesen, weil diese über ein etwas schmäleres Radprofil verfügen. Daher mussten alle Radsätze getauscht werden. Beeindruckend ist der nächtliche Vulkanausbruch des Vesuvs. Das läßt sich im Foto nur schwer wiedergeben. Die Führung zum Flughafen kannte ich schon. Dort werden die Autos über das eigentlich für die Schiffe in Skandinavien entwickelte GPS System gesteuert. In Skandinavien hat sich dieses System bei den Schiffen wegen der Ungenauigkeit als nicht einsetzbar erwiesen. Ich habe daher bei meinem diesjährigen Besuch auch nur ein Schiff fahren sehen. In der Schweiz ging es unter das gigantische Gipsmassiv der Berge. Dort erzählte unser Führer, dass im Miniatur Wunderland derzeit ca. 300 Personen beschäftigt sind (die Hälfte davon in Teilzeit) und dass im Wechselstromteil die Punktkontakte nun nach 15 Jahren so abgenützt sind, dass die Gleise dort Zug um Zug ausgetauscht werden müssen und deshalb in künftigen Bauabschnitten nur noch das Gleichstromsystem zur Anwendung gelangt. In den derzeit zur Verfügung stehenden Räumen ist nur noch Platz für Venedig (zur Zeit im Bau) und Monaco, wo schon eifrig an der Realisation der Rennstrecke gearbeitet wird. Die Fortsetzung wird dann in anderen Räumlichkeiten mit Frankreich und England erfolgen, welche mit einer Brücke über den Fleet erreicht werden. In der Schweiz durften wir zum Abschluss noch einen Blick aus einer Wartungslucke werfen. Leider war gerade Nacht, so dass die Aussicht eingeschränkt war. Im Italien Abschnitt hatten wir dann natürlich einen anderen Blickwinkel als die Zuschauer und sahen, dass auch in kaum zugänglichen Teilen, sehr detailiert gearbeitet wird. Nach der Führung ging es zur Stärkung in das Restaurant. Ein nochmaliger Gesamtrundgang, wobei ich noch längere Zeit am Flughafen verweilte, beendete meinen Besuch im Miniatur Wunderland. Vom Unwetter an diesem Tag hatte ich sehr wenig bemerkt, dennoch war es danach noch sehr schwül, so dass ich wenig Lust hatte, noch viel zu unternehmen.
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Tag 5:
Der vorletzte Tag war Schleswig-Holstein vorbehalten. Es hatte erheblich abgekühlt und es regnete leicht, als ich mich zum Bahnsteig begab. Als Folge der Unwetter am Vortag sah ich auf den Anzeigen einige ausgefallenen ICEs. Ich stieg also in den gut belegten Zug nach Westerland ein, den ich aber schon wieder in Elmshorn verließ, weil ich die Überquerung des Nord-Ostsee Kanals auf zwei unterschiedlichen Strecken erleben wollte. Ich nahm also den Zug Richtung Flendsburg bis nach Rendsburg. Die Überquerung des Nord-Ostsee Kanals erfolgt hier in einer langen Metallbrückenkonstruktion, die nach der Überquerung des Kanals in einer Schleife in den Bahnhof Rendsburg führt. Leider bewirkte das Regenwetter, dass meine Fotoausbeute bescheiden ausfiel. Vom Bahnsteig in Rendsburg kann man einen Teil der Brücke sehen. Nach der Überquerung des Kanals benötigt der Zug noch ca. 4 Minuten bis er dort eintrifft. Von Rendsburg ging es quer durch das Land nach Husum, wo ich wieder in den Zug nach Westerland einstieg. Die Insel Sylt ist seit Ende der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts durch den zweigleisigen Hindenburgdamm mit dem Festland verbunden. Die Fahrt darüber ist beeindruckend, zumal bei der Hinfahrt die Flut ziemlich am Höchststand war. Bis zur Rückfahrt war genügend Zeit um einmal von Bahnhof zum Strand die Fußgängerzone abzulaufen. Das Wetter hatte sich zum Glück erheblich gebessert. Auf dem Rückweg habe ich die zahlreichen Angebote der Makler über Immobilien auf Sylt studiert. Die Preise sind verrückt. Am Bahnhof war noch etwas Zeit bis zur Ankünft es Zuges für die Rückfahrt. Ich nutze sie um die Autoverlagung zum Transport der Autos über den Hindenburgdamm zu beobachten. Mein Zug ging diesmal direkt bis Hamburg Altona. Bei der zweiten Überquerung ds Nord-Ostsee Kanals wird die Strecke auf Dämmen zur Brücke von Hochdonn geführt. Leider konnte ich beides Mal keine Schiffe im Kanal sehen. Wegen Überfüllung des Bahnhofes Altona standen wir einige Zeit am Bahnhofsvorfeld. Beim Abendessen beim Bahnsteig 12 konnte ich noch die Auswirkungen der Unwetter bemerken. Der EN der ÖBB nach Verona fuhr mit mehr als 2 Stunden Verspätung ab. Auch sonst zeigten doe Anzeigentafeln einige Unregelmäßigkeiten.
Tag 6:
Am Tag der Heimreise ging es pünktlich und auch mit dem richtigen Zug in Altona ab. Dass der Betrieb an diesem Tag nicht ganz reibungslos verlaufen würde, konnte man nach der Durchsage des Zugführers in Hannover erahnen. Er kündigte an, dass unser Zug nun doch die Schnellfahrstrecke befahren könne. Später wurde ein außerplanmäßiger Halt wegen eines Notartzeinsatzes in Orxthausen angekündigt, der dann aber unterblieb. Auf der parallel laufenden Altbaustrecke konnte man - soweit ersichtlich- an Signalen stehende Güterzüge erkennen. Es ging in für die Schnellfahrstrecke mäßiger Geschindigkeit weiter nach Göttingen. Dort wurde unser Zug normal abgefertigt und weiter ging es auf der Schnellfahrstrecke weiter Richtung Kassel. Vor der Einfahrt in den Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe kam die Durchsage, dass sich diese wegen "Überfüllung" des Bahnhofes verzögern werde. Dort kamen wir mit mehr als 20 minuten Verspätung an. Ich musste hier umsteigen. An den Anzeigetafeln sah ich nichts von meinem Zug, nur dass die angezeigten Züge alle eine erhebliche Verspätung aufwiesen. Auf Gleis 1 stand ein IC, der nicht weiterfahren konnte, weil Teile der Besatzung fehlten. Da ich bestrebt war meinen Anschluss in Nürnberg noch zu erreichen, nahme ich den nächsten ICE in dieser Richtung, der Kassel mit fast 170 Minuten Verspätung verließ. Bis Würzburg konnte er 10 Minuten gutmachen und von dort wurde er anstatt wie geplant nicht über Ansbach sondern auf direkter Strecke nach Nürnberg geschickt. Diese Strecke war wegen Bauarbeiten teilweise nur eingleisig befahrbar. Dennoch verringerte sich die Verspätung um weitere 20 Minuten. Damit war die weitere planmäßige Weiterfahrt nach Passau möglich. In Nürnberg erfuhr ich auch, dass mein Anschlußzug in Kassel wegen Problemen mit der Technik 60 Minuten Verspätung haben würde. Aus dem Fahrplan in Nürnberg konnte ich auch ermitteln, dass mein Zug von Kassel nach Nürnberg ungefahr 2 Stunden vor meinem Zug in Altona abgefahren war, und die Verspätung wohl irgendwo zwischen Hannover und Kassel eingefangen hatte. Auch mein ICE für die Weiterfahrt hatte am Morgen kurz nach 5 Uhr Altona verlassen, fuhr aber über das Ruhrgebiet und dem Rhein entlang, war wohl deshalb den Verspätungsursachen entgangen und daher pünktlich in Nürnberg. Auf der Reststrecke nach Passau gab es keine Probleme mehr und der Zug war sogar 3 Minuten zu früh dort. Damit ging eine schöne, ereignisreiche Reise zu Ende.